Fall Erdogan / Böhmemann: Was Angela Merkel hätte sagen sollen

Fall Erdogan / Böhmemann:

Was Angela Merkel hätte sagen sollen


“Ich glaube fest an die Gewaltenteilung. Es darf nicht die Aufgabe der Bundesregierung sein, Aufträge an die Staatsanwaltschaft zu erteilen. Die Staatsanwaltschaft soll und muss von sich aus ermitteln und alle Möglichkeiten nutzen, die ihr unabhängig zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung hält sich daher raus und erteilt für nichts einen Auftrag! Die Staatsanwaltschaft braucht keine Ermächtigung der Regierung. Sie ist frei.”

Was Angela Merkel hätte sagen sollen

von Gerd Buurmann

Der Paragraf 103 im Strafgesetzbuch, der die Beleidigung von “Majestäten” unter besondere Strafe stellt, ist ein Gesetz, das nicht mehr in unsere Welt passt. Alle Menschen sollten vor dem Gesetz gleich sein, auch Majestäten! Wenn sich eine Majestät beleidigt fühlt, sollte diese Majestät die gleichen Rechte haben wie jeder andere Mensch auch. Neben §103 StGB gibt es noch §104a StGB gibt. Dort steht:

 

“Straftaten nach diesem Abschnitt werden nur verfolgt, wenn die Bundesrepublik Deutschland zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält, die Gegenseitigkeit verbürgt ist und auch zur Zeit der Tat verbürgt war, ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.”

 

§104a StGB erklärt die Majestätsbeleidigung zu einem Privileg sogenannter Majestäten. Ich möchte in keinem Land leben, in dem es eine Zweiklassenjustiz gibt, in der es der Bundesregierung frei steht, die Staatsanwaltschaft zu ermächtigen, mit besonderer Härte gegen eine Beleidigung vorzugehen, nur weil es sich dabei um eine vermeintliche Majestät handelt. Ich hätte daher von meiner Bundeskanzlerin erwartet, dass sie folgendes sagt:

 

“§104a gibt der Bundesregierung die Möglichkeit, die Staatsanwaltschaft zu ermächtigen, mit besonderer Härte gegen Jan Böhmermann zu ermitteln. Ich lehne jedoch eine Zweiklassenjustiz ab und werde nicht von dem Recht der Kanzlerin gebrauch machen, einer Majestät mehr Rechte zu geben als einem Bürger! Ich erkläre daher, dass ich nicht von dem Kanzlerprivileg §104a gebrauch machen werde und erwarte von jeder Majestät, die Wege zu gehen, die jedem anderen Bürger auch offen stehen.

 

Die Bundesregierung wird zudem prüfen lassen, ob die Paragrafen 103 bis 104a StGB überhaupt verfassungskonform sind.

 

Ich bin eine Kanzlerin, der es leider per Strafgesetzbuch erlaubt ist, eine Zweiklassenjustiz zu ermöglichen. Das selbe Gesetz aber lässt mir die Wahl. Daher erkläre ich: Diese Kanzlerin wird die Staatsanwaltschaft nicht ermächtigen nach dem Prinzip zu ermitteln: Manche Menschen sind gleicher als andere!”

 

Diese Möglichkeit hatte Angela Merkel!

 

Mit der Ermächtigung hat Angela Merkel nicht den Weg für die Staatsanwaltschaft frei gemacht. Der Weg war schon frei! Angela Merkel hat eine Zweiklassenjustiz ermächtigt! Dass das deutsche Gesetz der Regierung diese Möglichkeit zur Ermächtigung gibt, sollte geändert werden, dass die Kanzlerin, obwohl sie es nicht musste, diese Ermächtigung zur Zweiklassenjustiz exekutiert hat, ist jedoch ein Skandal!

 

Mir scheint fast so, als seien die Paragrafen 103 bis 104a im Strafgesetzbuch ein Test für die Bundesregierung, um zu schauen, ob sie im Zweifel für oder gegen eine Zweiklassenjustiz ist. Angela Merkel ist durchgefallen!

 

 

Tapfer im Nirgendwo - Foto: Der Diktator zusammen mit den Obamas (Foto: von Official White House Photo by Lawrence Jackson [Public domain], via Wikimedia Commons)


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Sonntag, 17 April 2016