Ein israelisches Schwarzbuch zur EU

Ein israelisches Schwarzbuch zur EU


Es hätte Sinn gemacht, wenn die EU in Israels guten Büchern stehen würde statt in einem potenziellen „Schwarzbuch“.

Ein israelisches Schwarzbuch zur EU

von Dr. Manfred Gerstenfeld

 

Israels Importe aus der Europäischen Union übertrafen seine Exporte in die Region um mehrere Milliarden Euro. Forschungszusammenarbeit mit Israel ist für die EU angesichts der wissenschaftlichen Kreativität Israels von Wert. Doch während mehrerer Jahrzehnte hat die EU Israel verleumdet und diffamiert.

 

Im Einklang mit der bruchstückhaften Art der zeitgenössischen „postmodernen“ Gesellschaft sind die Einstellungen der EU zu Israel nicht homogen und die Gesamtheit aller negativen Gesinnungen gegenüber Israel ist nicht offensichtlich.

 

Die Verleumdung Israels hat im Verlauf der letzten Jahrzehnte auch zur starken Zunahme des europäischen Antisemitismus beigetragen. Es gibt nicht einmal vergleichbare Statistiken zu antisemitischen Vorfällen in den verschiedenen Mitgliedsstaaten Europas. Zusätzlich hat die EU, nachdem sie eine frühere Arbeitsdefinition zu Antisemitismus aufgegeben hat, keine neue entwickelt. Dabei wäre das die grundlegendste Voraussetzung zur Bekämpfung von Antisemitismus. Während die EU einige dürftige Versuche unternommen hat mit dem Hass umzugehen, ist ihr Tun in erster Linie verbaler Natur und kaum effektiv.

 

Die Diffamierung Israels durch die EU und das Untergraben seiner Souveränität haben bedeutende Dimensionen erreicht. Wenn aus der Idee eines israelischen „Schwarzbuchs“ ein tatsächliches Schwarzbuch gemacht würde, wäre es sehr hilfreich die Aufhetzung der EU gegen das Land bloßzustellen. Ein einziger Band würde die vielen Arten aufzeigen, auf die Europa Israel diskriminiert und diffamiert. Es könnte auch die Beispiele aufführen, die das Verhalten mit der Art vergleicht, in der die EU ihren Blick von einem Großteil des extremen Rassismus und krimineller Einstellungen in arabischen und muslimischen Ländern abwendet.

 

Die heutige Zeit ist besonders günstig für die Erstellung ein solchen Schwarzbuchs. Die EU befindet sich in einer ziemlichen Unordnung, weil sie die aktuelle Flüchtlingskrise inkompetent handhabt, nachdem sie den Aufbau eines mit den Flüchtlingen in Zusammenhang stehenden Problemen mehrere Jahre lang ignorierte. Die aktuelle Krise hat die Reibungen zwischen einzelnen EU-Mitgliedsstaaten verstärkt sowie die Spannungen zwischen Brüssel und mehreren ihrer Mitglieder offenbart.

 

Diskussionen in Großbritannien sowohl für wie gegen den britischen Austritt aus der EU (Brexit) bieten eine weitere Informationsquelle zur Schwäche der EU. Einige der gegen dort gegen die EU vorgebrachten Argumente könnte Teil eines Dokuments bilden, das ihre Vergehen gegenüber Israel aufdeckt. Dasselbe gilt für einige Enthüllungen bezüglich der Flüchtlingskrise. Ein solches Beispiel ist Ungarns Behauptung, dass es 900 No-Go-Areas in Europa gibt, die von Migranten überrannt sind und in denen die Behörden die Rechtsstaatlichkeit nicht durchsetzen können.[1]

In ein solches vorgeschlagenes Schwarzbuch würde der hohe Prozentsatz an EU-Bürgern gehören – der um die 40% liegt – die denken, dass Israel sich wie die Nazis verhalten oder dass Israel einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser führt. Dass diese absurden Meinungen so weit verbreitet sind, ist eine vernichtende Verurteilung des zeitgenössischen Europas.

 

Regelmäßige Hetze gegen Israel hat ihre verleumderischen Ziele erreicht. Das kommt aus der EU selbst und aus den Rängen der europäischen Politik. Es kommt auch aus gesellschaftlichen Organisationen wie Medien, NGOs, einigen liberalen Kirchen, Akademiker, Gewerkschaften und weiteren. Würde Israel tatsächlich einen Vernichtungskrieg führen, wären die Palästinenser schon vor langer Zeit ausgestorben. In Wirklichkeit sind die Palästinenser heute weit zahlreicher als noch vor einigen Jahrzehnten.

 

Falsche moralische Äquivalenz, die Israels Tun mit dem der Nazis gleichsetzt, wurde schon vor Jahrzehnten von inzwischen verstorbenen, prominenten sozialdemokratischen Politikern benutzt, unter anderem dem französischen Präsidenten François Mitterand,[2] dem schwedischen Premierminister Olof Palme[3] und dem griechischen Premierminister Andreas Papandreou.[4]

 

Ohne dem Thema mehr Beobachtung zu widmen ist es nicht möglich ein komplettes Inhaltsverzeichnis für dieses vorgeschlagene Schwarzbuch zu erstellen. Einige Kapitelüberschriften sind bereits offensichtlich; die EU besteht nicht nur darauf die umstrittene Westbank als „besetzte Gebiete“ zu bezeichnen. Sie lehnt es sogar ab eine Diskussion zu dem Thema einzugehen. Mehr als eintausend Anwälte und Juristen haben der EU zu dieser Sache geschrieben, erhielten aber nur die Eingangsbestätigung eines nachrangigen EU-Angestellten.[5] Wenn die EU vom

Besetzungsstatus der Westbank überzeugt wäre, würde man dort der Diskussion nicht aus dem Weg gegangen sein.

Ein weiteres Kapitel könnte der EU-Forderung gewidmet werden, dass Produkte aus der Westbank und von den Golanhöhen gesondert gekennzeichnet werden. Da die EU dieselben Maßnahmen in anderen ähnlichen oder offensichtlicheren Fällen nicht anwendet, stellt das zweierlei Maß dar, eines der Schlüssel-Charakteristika von Antisemitismus dar. Die Thema Kennzeichnung brachte die EU auf die Liste der großen antisemitischen Verunglimpfungen des Jahres 2015, die das Simon Wiesenthal Center veröffentlichte.[6]

 

Das Abstimmungsverhalten der EU in der UNO-Vollversammlung und in weiteren UNO-Gremien wäre ebenfalls ein Kapitel wert. Dore Gold hat gezeigt, dass die Abstimmungsbilanz der Europäer bei den Vereinten Nationen eine langjährige antiisraelische Einseitigkeit demonstriert. Er erklärte, dass die EU bei der Dämonisierung Israels in der UNO mitmacht.[7]

 

Ein weiteres Kapitel sollte dem Untergraben der israelischen Souveränität gewidmet werden. Ein Aspekt davon wäre die eingehende Untersuchung der Finanzierung von israelischen humanitär-rassistischen NGOs durch die EU – Organisationen, die extreme palästinensische Verbrechen ignorie

 

ren. Ein weiteres könnte die Finanzierung illegaler Bautätigkeit in der Area C durch die EU behandeln.[8]

Die EU hat Jahrzehnte lang massive, nicht selektive Immigration aus muslimischen Ländern gestattet, womit sie zum Teil die beträchtlichen Zunahme des Antisemitismus in europäischen Ländern zu verantworten hat. Dieses Thema sollte ebenfalls in das vorgeschlagene Schwarzbuch aufgenommen werden. Muslime sind die Urheber der extremsten antisemitischen Vorfälle in Europa seit dem Ende des letzten Jahrhunderts. Muslime haben alle antisemitischen Morde in der EU begangen. Dennoch sind Muslime nicht der einzige Faktor des zunehmend problematischen Status der Juden in vielen europäischen Ländern.

 

Kommen wir von der Theorie zu den praktischen Fragen des Themas: Wer sollte ein solches Schwarzbuch finanzieren? Das kann aufgrund der Beschaffenheit ihrer Beziehungen zu Europa nicht von der israelischen Regierung gemacht werden, wünschenswerterweise auch nicht von jüdischen Organisationen. Dies bietet eine exzellente Gelegenheit für eine Einzelperson, die wünscht einen wichtigen Beitrag zur Offenlegung eines großen, supranationalen Verleumdungsgremiums beizusteuern.

 

Die europäische Diffamierung Israels wird mit der Veröffentlichung eines solchen Buches nicht enden, so sehr die EU eine solche kritische Enthüllung auf verdienen mag. Diejenigen, die sich für die Verteidigung Israels gegen diese Attacken wünschen, werden eine einzelne, verlässliche Quelle als Teil ihrer Munition erhalten, die Verweise zu den vielen Fällen und Aspekten der Hetze der EU gegen Israel und ihrer diskriminierenden Politik gegenüber einem wichtigen Kunden für ihre Exporte und Partner bei wissenschaftlichen Unternehmungen beinhaltet.

 

[1] http://www.independent.co.uk/news/world/europe/hungarys-government-claims-there-are-900-no-go-areas-in-europe-overrun-with-migrants-a6963956.html

[2] Begin Hints that Mitterrand Remark Paved way for Terrorists’ Attack. The New York Times, 11. August 1982.

[3] Per Ahlmark: Det öppna såret. Timbro, Stockholm, 1997, S. 200.

[4] Israelis Assail Greek Leader for Likening them to Nazis. The New York Times, 26. Juni 1982.

[5]http://www.israelnationalnews.com/Articles/Article.aspx/13998#.VwNBM_l967Q

[6] http://unitedwithisrael.org/simon-wiesenthal-center-ranks-top-10-anti-semitic-anti-israel-incidents-of-2015/

[7] Dore Gold: Europe’s Consistent Anti-Israeli Bias at the United Nations. In: Manfred Gerstenfeld (Hg): Israel and Europe: An Expanding Abyss? Jerusalem Center for Public Affairs, The Adenauer Foundation, Jerusalem 2005. S.49ff

[8] http://www.jpost.com/Israel-News/Israel-to-European-governments-Stop-funding-illegal-Palestinian-building-411973

 

 

 

Erstveröffentlicht bei Heplev


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Dienstag, 19 April 2016