Niederländische Universität zensiert wissenschaftlichen Vortrag zu muslimischem Antisemitismus

Niederländische Universität zensiert wissenschaftlichen Vortrag zu muslimischem Antisemitismus


Vor zehn Jahren erreichte die Zensur eines Vortrags zu muslimischem Antisemitismus an der Universität Utrecht die internationalen Medien.[1] Das Opfer dieser Zensur, Professor Pieter van der Horst, war ein führender, international bekannter Akademiker, der an der Universität frühes Christentum und Judaismus lehrte.

Niederländische Universität zensiert wissenschaftlichen Vortrag zu muslimischem Antisemitismus

von Dr. Manfred Gerstenfeld

 

Er war außerdem Mitglied der Königlich-Niederländischen Akademie, deren Mitglieder die führenden Wissenschaftler der Niederlande sind.

 

Am 16. Juni 2006 hielt Van der Horst seine Abschiedsvorlesung zum Thema „Der Mythos des jüdischen Kannibalismus“.[2] Darin erläuterte er die Geschichte vom mehr als zweitausend Jahre alten, vorchristlichen griechischen Antisemitismus bis zur Popularität der antijüdischen Ritualmordvorwürfe in der zeitgenössischen arabischen Welt. Am selben Tag schrieb die niederländisch-jüdische Wochenzeitung NIW; dass der Text der Vorlesung vom Rektor der Universität stark zensiert worden war.[3] Van der Horst bestätigte später diese Behauptung in einem Artikel im Wall Street Journal mit dem Titel „Tying Down Academic Freedom“.[4]

 

Darin erwähnt Van der Horst, dass er sich als Ergebnis des akademischen Drucks gezwungen sah Teile seiner Vorlesung zu streichen. Er entfernte zum Beispiel den folgenden Absatz: „Ein Großteil der (zeitgenössischen) islamischen Verunglimpfung der Juden hat seine Wurzeln im deutschen Faschismus. HitlersMein Kampf steht in vielen Ländern des Nahen Ostens auf den Bestseller-Listen. Die Sympathie für den Nationalsozialismus reicht in die Tage des Führers zurück. Der Palästinenserführer Haddsch Amin al-Husseini, Großmufti von Jerusalem, kollaborierte sogar stark mit Hitler. Er verbrachte die Kriegsjahre in Berlin und besuchte Auschwitz, eine Reise, die seine Pläne beflügelte in Palästina ein Konzentrationslager zu bauen.“

 

Vor dem Termin der Vorlesung wurde Van der Horst von Willem Hendrik Gispen, dem Rektor der Universität, aufgefordert vor einem Komitee zu erscheinen; dort wurde ihm gesagt, dass die Universität ihn vor sich selbst schützen müsse. Wenn er die Bezüge auf den islamischen Antisemitismus nicht lösche, könnte er von gewalttätigen Muslimgruppen bedroht werden. Er würde außerdem der Fähigkeit der Universität Brücken zwischen Muslimen und Nichtmuslimen zu bauen Schaden zufügen. Um das Ganze noch schlimmer zu machen behauptete das Komitee fälschlich, das wissenschaftliche Niveau von Van der Horsts Vorlesung sei schwach gewesen.

 

Van der Horst erwähnte, dass Gispen ihm sagte, er habe vierundzwanzig Stunden zu entscheiden, ob er die umstrittenen Passagen entfernt, ansonsten würde er seine „Verantwortung als Rektor“ wahrnehmen. Obwohl die konkrete Bedeutung dieser Drohung unklar war, verstand Van der Horst die deutliche Botschaft: Die Universität Utrecht strebt nach politischer Korrektheit statt nach akademischer Wahrheit. Anfangs war er eingeschüchtert und löschte den umstrittenen Text aus seiner Vorlesung.[5]

 

Als der unzensierte Text veröffentlicht wurde, wurde bekannt, dass Van der Horst auch auf die Verbreitung des Antisemitismus im Iran, Syrien und den Palästinensergebieten verwiesen hatte. Über Letzte schrieb er: „Die Rohheit der dort zu findenden antijüdischen Gehirnwäsche übertrifft die schlimmsten Erwartungen. In vielen palästinensischen Schulbüchern werden Kinder Jahr um Jahr gelehrt, dass es eine heilige Pflicht ist das jüdische Volk zu vernichten, weil Juden, als Kinder Satans, gegen Gott rebellieren und gegen die Menschheit und den Islam konspirieren.“[6]

 

Van der Horsts Vorlesungstext war damals bereits eine Untertreibung. Sie erwähnte nicht einmal, dass der damalige Präsident des Iran, der fanatisch antisemitische Hassprediger Mahmud Ahmadinedschad, regelmäßig zu Völkermord aufstachelte.

 

Die Affäre Van der Horst und mehrere damit verbundene Lügen entwickelten sich in viele Richtungen. Artikel und Kommentare für und gegen Gispen und Van der Horst erschienen in großen niederländischen Zeitungen. Die Tageszeitung NRC gab einem Leitartikel den Titel: „Der ängstliche Rektor.“[7]

 

Im Interview mit NRC zu der Affäre gab Gispen ausweichende Antworten. Er lenkte im Interview mit irrelevanten Bemerkungen ab, so mit Äußerungen, dass seine jüdische Frau und Töchter Davidsterne tragen. Gispen behauptete außerdem, er brauche Personenschutz, nachdem die Universität Utrecht den Namen ihres Wissenschaftsinstituts für Nanomaterialien änderte, die den niederländischen Chemiker Peter Debye ehrte, der vor dem Krieg einen Nobelpreis erhalten hatte. Dieser hatte bei antijüdischen Maßnahmen kollaboriert und Briefe mit „Heil Hitler“ unterschrieben, als er in Nazideutschland arbeitete. Gispen behauptete aber nicht, dass die Drohungen, die er erhalten hatte, irgendetwas mit Muslimen zu tun hatten.[8] Nebenbei bemerkt: Debyes Name wurde 2008 wieder eingesetzt.[9]

 

NRC sollte später fälschlich behaupten, dass fünf von sieben Rektoren niederländischer Universitäten Gispens Zensur befürworteten. Arnold Heertje, ein bekannter emeritierter Wirtschaftsprofessor, befragte sie heran und stellte fest, dass nur zwei Gispens Zensur unterstützten.[10]

 

Heertje begriff, wie scheinheilig die Leiter der Universität Utrecht waren. Er schrieb, dass Gispens Verhalten von Angst motiviert war, die Universität würde Marktanteile verlieren, weil muslimische Studenten und Imame davon

abgeschreckt würden dort zu studieren. Er sagte, der Rektor habe sich wie ein Sekundarschulleiter verhalten, der die Zahl der Schüler seiner Schule maximieren will. Eine solch geschäftsorientierte Gesinnung gegenüber akademischer Freiheit sei für Universitäten schädigend. Zuvor hatte Heertje die Frage aufgeworfen, ob jemand, der mit der akademischen Freiheit auf diese Weise umgeht, als Rektor einer Universität dienen kann.[11]

 

Die Affäre Van der Horst erklärt auf einen Schlag eine weit verbreitete Politik der akademischen Welt und den Kampf, den Menschen durchmachen müssen, wenn sie für eine Wahrheit einstehen, die als nicht politisch korrekt betrachtet wird. Zehn Jahre danach sehen wir noch deutlicher, was in dieser Affäre auf dem Spiel stand. Die Leiter der Universität Utrecht waren extreme Feiglinge und Opportunisten, bereit die akademische Freiheit zu auszuhöhlen und die Wahrheit zur weit verbreiteten, unumstrittenen Antisemitismus in der muslimischen Welt zu verschleiern.

 

Diese Affäre hatte auch eine interessante Nachwirkung. Nach diesen Ereignissen wurde international bekannt, dass die Israelische Akademie der Wissenschaften Van der Horst zu einem Vortrag nach Israel eingeladen hatte. In einer ironischen Reaktion auf die Universität Utrecht hieß es in der Einladung, Van der Horst könne sprechen, worüber er wolle und es würde kein Einfluss auf die Inhalte seines Vortrags ausgeübt, „so, wie es in akademischen Kreisen üblich“ ist.[12]

 

Van der Horst hielt zudem zwei brillante Vorträge im Jerusalem Center for Public Affairs, nämlich „Die ägyptischen Anfänge der langen Geschichte des Antisemitismus“[13] und „Der Ursprung des christlichen Antisemitismus“.[14]Damals sagte ich Van der Horst, es sei ein guter Nebeneffekt der Affäre. Davor war er ein sehr respektierter Professor, aber nur in seinem Forschungsbereich bekannt. Als Ergebnis der Öffentlichkeit zu der Zensur seiner Vorlesung kannten jetzt viel mehr Niederländer seinen Namen als den eines wichtigen Wissenschaftlers.

 

[1] Manfred Gerstenfeld: Utrecht University: The Myth of Jewish Cannibalism, Censorship, and Fear of Muslim Intimidation. Academics Against Israel and the Jews. Center for Public Affairs, Jerusalem, 2007, S. 236-241.

[2] Der unzensierte Text der Vorlesung auf Niederländisch ist hier zu lesen:www.franklinterhorst.nl/Toespraak%20prof%20van%20der%20Horst.htm

[3] Ted de Hoog: Censuur in Holland. NIW, 16. Juni 2006.

[4] Pieter W. Van der Horst: Tying Down Academic Freedom. Wall Street Journal,30. Juni 2006; auf Deutsch etwa: Akademische Freiheit wird gefesselt.

[5] ebenda

[6] Pieter W. Van der Horst: De Mythe van het joodse kannibalisme (De ongecensureerde versie). CIDI, Den Haag, 2006. (Niederländisch);www.franklinterhorst.nl/Toespraak%20prof%20van%20der%20Horst.htm

[7] De bange rector. NRC Handelsblad, 15. Juni 2006. (Niederländisch)

[8] Jannetje Koelewijn: Ik ben niet bang en van censuur is geen sprake. NRC Handelsblad, 22. Juni 2006.

[9] http:// volkskrant.nl/archief/utrecht-geeft-het-debye-instituut-zijn-naam-terug~a924493/

[10] Arnold Heertje: De Rector is geen manager: Academische censuur. Trouw,30. Juni 2006.

[11] Arnold Heertje: Zwijgen over antisemitisme. Parool, 21. Juni 2006.

[12] Gerstenfeld, S. 240

[13] http://jcpa.org/article/the-egyptian-beginning-of-anti-semitism%E2%80%99s-long-history/

[14] http://jcpa.org/article/the-origins-of-christian-anti-semitism/ (s. auch:Antisemitische Elemente im Neuen Testament)

 

 

 

Erstveröffentlicht bei Heplev


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Mittwoch, 10 August 2016