Zur Geschichte und Rolle der `Siedlungen´(3): Ist die israelische Siedlungspolitik heute noch gerechtfertigt?

Zur Geschichte und Rolle der `Siedlungen´(3):

Ist die israelische Siedlungspolitik heute noch gerechtfertigt?


Beitrag aus dem nai-Forum Politik.

Ist die israelische Siedlungspolitik heute noch gerechtfertigt?

Dazu erst einmal ein paar historische Hintergründe.

 

Am 5. Juni 1967 begann der 6-Tage-Krieg, in dessen Verlauf Israel ägyptische, jordanische, irakische, und syrische Flughäfen angreift und einen Großteil der Luftwaffen dieser Länder bereits am Boden zerstört. Entgegen immer wieder gehörter Behauptungen war das Verhalten der arabischen Nachbarländer Ursache des Ausbruches.

 

Am 15. Mai rollten ägyptische Kampfverbände im Sinai ein. Nasser bestand gegenüber der UNO auf Abzug der dort stationierten UN-Truppen. Der UN Generalsekretär U Thant gab nach. Israel protestierte bei der UN gegen den Abzug. Als Israel seine Truppen vom Sinai abzog, geschah es unter der Voraussetzung der Stationierung einer UN Sicherheitstruppe zur Verhinderung terroristischer Aktivitäten und zur Offenhaltung der Strasse von Tiran für die israelische Schiffahrt.

 

Am 22.Mai kündigte Ägypten eine Blockade des Golfes von Akaba an und schnitt damit für Israel den Hafen von Eilat ab. Dies stellte eine Verletzung internationaler Verträge dar (Seerechtsabkommen der Mittelmeer-Anliegerstaaten 1957, UN-Seerechtskonferenz am 28. April 1958, Inkrafttreten am 10. September 1964) und wurde von Israel als kriegerischer Akt gewertet.

 

Von 1965 bis April 1967 schossen syrische Truppen und arabische Terroristen 113-mal von den Golanhöhen aus auf israelische Dörfer. Israel wurde beim Weltsicherheitsrat vorstellig, Syrien wurde jedoch durch die Sowjetunion durch ein Veto gedeckt. Von da an wurden in Syrien die Stimmen für einen offenen und totalen Krieg gegen Israel immer lauter.

 

Anfang April schossen die Syrer, ebenfalls von den Golanhöhen aus, mit Maschinengewehren, Panzern und schweren Mörsern auf israelische Landarbeiter und Traktoren an den Ufern des See Genezareth. Israel schoss 6 syrische Migs ab, die in israelischen Luftraum eingedrungen waren.

 

Am 30. Mai unterzeichnete der jordanische König Hussein mit Ägypten einen gegenseitigen Verteidigungspakt, der vorerst 5 Jahre gelten sollte. Es wurde ein gemeinsames Oberkommando eingerichtet. Am 31. Mai trat der Irak auf Nassers Betreiben der arabischen Allianz bei.

 

Israel stand an drei Fronten einer feindlich gesinnten arabischen Allianz gegenüber, zudem war seine Tür zum Orient, zum indischen Ozean und zur Ostküste Afrikas zu. Es saß, so gesehen, in einer Falle. Diese Blockade der arabischen Nachbarstaaten war der erste Akt des Krieges.

 

Die Töne, die von den arabischen Führern zu hören waren, ließen keine Zweifel an der Einstellung zu Israel.

Voice of the Arabs am 17.Mai 1967: “Ganz Ägypten ist nun bereit, sich in den totalen Krieg einzulassen, der Israel ein Ende machen wird“

 

Voice of the Arabs am 18. Mai 1967: „Ab heute gibt es keine internationalen Streitkräfte mehr, die Israel schützen könnten. Unsere Geduld ist zu Ende… Für uns kommt Israel gegenüber nur noch die Methode des totalen Krieges in Frage, die die Ausrottung des Zionismus zur Folge haben wird.“

 

Hafez Assad am 20. Mai 1967: „Die syrische Armee steht einmütig da, mit dem Finger am Abzug. Als Soldat glaube ich, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, den Befreiungskampf zu führen.“

 

Nasser, 27. Mai 1967: „Unser Hauptziel wird die Zerstörung Israels sein. Die Araber wollen kämpfen.“

Nasser, 28. Mai 1967: „Wir sind nicht bereit zu einer Koexistenz mit Israel, in welcher Form auch immer. Heute geht es nicht um Friedensverhandlungen zwischen den arabischen Staaten und Israel. Der Krieg mit Israel ist bereits seit 1948 im Gange.“

 

Nasser, 30. Mai 1967: „Die Armeen von Ägypten, Jordanien, Syrien und dem Libanon befinden sich einsatzbereit an den Grenzen Israels. Sie werden der Herausforderung begegnen, während hinter uns die Armeen von Irak, von Algerien, Kuwait, dem Sudan und der ganzen arabischen Welt stehen. Diese Aktion wird die Welt in Staunen versetzen. Man wird erkennen, dass die Araber sich auf Kampf eingestellt haben. Die entscheidende Stunde ist gekommen. Die Zeit langer Erklärungen ist vorbei, jetzt gelten nur noch Taten.“

Eindeutiger können Kriegserklärungen meiner Meinung nach nicht sein, Israel hatte zwei Möglichkeiten. Entweder auf den Angriff zu warten oder ihm zuvorzukommen. Sie entschieden sich für Letzteres. Und die Welt staunte tatsächlich…

 

Nach dem Sieg im 6-Tage Krieg, signalisierte Israel in der Hoffnung, die arabische Staaten würden endlich seine Existenz anerkennen und in Friedensverhandlungen mit ihm eintreten, seine Bereitwilligkeit, alle wesentlichen Teile der besetzten Gebiete als Preis für einen echten Frieden zu räumen.

 

Im August 1967 gaben die Führer der arabischen Nationen in Khartum die Antwort, indem sie eine gemeinsam verfasste Erklärung herausgaben.

 

„Könige und Präsidenten haben sich durch gemeinsame Anstrengungen auf internationaler und diplomatischer Ebene geeinigt, die Folgen des Krieges wieder zu beseitigen und den Rückzug der angreifenden israelischen Streitkräfte aus dem gesamten arabischen Gebiet sicherzustellen. Doch soll das geschehen im Rahmen der Grundsätze, auf die sich die arabischen Staaten geeinigt haben [Anmerkunge HE: die Politik der drei „Nein“]: KEIN Friede mit Israel, KEINE Verhandlungen mit Israel, KEINE Anerkennung Israels und Wahrung der Rechte des palästinensischen Volkes als Nation.“

 

Am 22. November 1967 nahm der Weltsicherheitsrat die Resolution 242 an, in der die Grundsätze für Friedensverhandlungen gelegt worden waren. Da sich die Araber strikt gegen die „Anerkennung der territorialen Integrität, der politischen Unabhängigkeit und der Souveränität eines jeden Staates in diesem Gebiet und sein Recht auf Leben in Frieden und sicheren und anerkannten Grenzen“ in Bezug auf Israel weigerten, sah auch Israel keine Veranlassung, die besetzten Gebiete vor Beginn von Friedensverhandlungen zu räumen.


Vom Völkerrecht aus gesehen steht Israel in diesen Gebieten als Besatzungsmacht unter der Befehlsgewalt der Resolutionen des Weltsicherheitsrates, die es verbieten, mit Waffengewalt israelischen Besitz zu zerstören, bis die Parteien Frieden schließen. Der bewaffnete Angriff vom 6.Oktober 1973 war daher die offensichtliche Verletzung der Charta der Vereinten Nationen.

 

Die Resolution 338, die am Ende des Jom-Kippur Krieges 1973 herauskam, setzt fest, das die Richtlinien der Res.242 durch Verhandlungen erfüllt sein müssen.

 

1969 eröffnete Nasser einen neuen Krieg gegen Israel. Ägypten brach das Waffenstillstandsangebot der UN und legte massives Sperrfeuer über den Suezkanal. Die Israelis wurden entlang des Kanals zahlenmäßig zehn zu eins übertroffen und setzten ihre Luftwaffe als „fliegende Artillerie“ ein. Nasser rief die Sowjets zur Hilfe, die 1970 mit Kampfpiloten und Mig21 eingriffen. Im Sommer 1970 handelten die USA einen Waffenstillstand zwischen beiden Parteien aus. Dieser sollte zu Friedensverhandlungen unter Leitung der UN führen. Am 7. August stellten die Ägypter einen Wald von SAM-2 und SAM-3 Boden-Luft Raketen in der im Waffenstillstand festgelegten 32 Meilen Sperrzone auf. Die Israelis nahmen die Gespräche trotzdem wieder auf, und die Ägypter brachten erstmals am 20. Februar 1971 ihre Bereitschaft zum Ausdruck, in Friedensverhandlungen mit Israel einzutreten. Dabei lehnte Ägypten allerdings direkte Gespräche mit Israel ab. Der neue ägyptische Präsident Sadat wandte sich an den Palästinensischen Nationalkongress in Kairo und versprach Unterstützung der PLO bis zum Sieg. Weiter erklärte er, dass Ägypten die Resolution 242 nicht anerkennt.

 

Und was hat die Vergangenheit mit heute zu tun??


Stephen M. Schwebel, Richter am internationalen Gerichtshof:

 

„Ein Staat kann in rechtmäßiger Ausübung seines Anspruches auf Selbstverteidigung fremdes Gebiet erobern und besetzen, solange diese Maßnahmen zur Selbstverteidigung unumgänglich sind.


Als Voraussetzung für einen Rückzug aus diesem Gebiet kann dieser Staat fordern, dass angemessene Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um zu gewährleisten, dass dieses Gebiet nicht erneut zur Bedrohung oder zum Einsatz von Waffengewalt benutzt wird, so dass die Selbstverteidigung aufs Neue nötig wäre.


Wenn der frühere Besitzer des Gebietes dieses auf unrechtmäßige Weise erworben hat, hat der Staat, der später dieses Gebiet in gerechter Ausübung seiner Selbstverteidigung übernimmt, den besseren Rechtstitel.“

Erklärung:

 

Seit über tausend Jahren war die einzige Verwaltung, welche die jüdische Besiedlung verboten hat, die Verwaltung während der jordanischen Besatzung, die in den neunzehn Jahren ihrer Herrschaft (1948-1967) den Verkauf des Landes an Juden zum Kapitalverbrechen erklärte. Das Recht der Juden, sich in diesen Gebieten anzusiedeln, und die rechtlichen Ansprüche auf das Land, das erworben wurde, konnten von der jordanischen bzw. ägyptischen Besatzung, die sich aus der bewaffneten Invasion Israels im Jahre 1948 ergab, nicht rechtmäßig für ungültig erklärt werden, und diese Rechte und Ansprüche sind bis zum heutigen Tage gültig.

 

Die internationalen Menschenrechte verbieten die zwangsweise Umsiedlung von Teilen der Bevölkerung aus einem Staat in das Gebiet eines anderen Staates, der diesen mit Waffengewalt besetzt hat. Dieser Grundsatz, der in Artikel 49 der vierten Genfer Konvention enthalten ist, wurde unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. Wie die Bemerkungen von Vertretern des internationalen Roten Kreuzes zur Konvention bestätigen, sollte der Grundsatz die einheimische Bevölkerung vor Vertreibung schützen, einschließlich der Gefährdung ihrer gesonderten Existenz als Rasse, wie dies bei den Vertreibungen der Bevölkerung in der Tschechoslowakei, Polen und Ungarn vor und während des Krieges der Fall war. Im Hinblick auf das Westjordanland und den Gazastreifen ist dies eindeutig nicht der Fall.

 

Der Versuch, israelische Siedlungen als Verstoß gegen diesen Grundsatz darzustellen, ist eindeutig unhaltbar. Wie Eugene Rostow, Rechtsprofessor in Yale und ehemaliger Staatssekretär für politische Angelegenheiten, schrieb: „Das jüdische Recht auf Besiedlung in dieser Gegend entspricht in jeder Hinsicht dem Recht der einheimischen Bevölkerung, dort zu leben“ (AJIL, 1990, Band 84, S. 72). Politisch gesehen betrachtet man das Westjordanland und den Gazastreifen… als Gebiet, für das es zueinander in Widerspruch stehende Ansprüche gibt, die in Friedensverhandlungen geklärt werden sollten. Israel verfügt nicht nur aufgrund seiner historischen und religiösen Bindungen an das Land und seiner anerkannten Sicherheitsbedürfnisse über Rechtsansprüche auf dieses Gebiet, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass das Gebiet nicht unter der Souveränität irgendeines Staates stand und in einem Krieg zur Selbstverteidigung, der Israel aufgezwungen wurde, unter israelische Kontrolle gelangte. Zugleich erkennt Israel an, dass die Palästinenser ebenfalls legitime Ansprüche auf dieses Gebiet haben. In der Tat zeigte allein die Tatsache, dass die Parteien vereinbart haben, Verhandlungen über die Siedlungen zu führen, dass sie in dieser Frage einen Kompromiss anstrebten.

Israelisch-palästinensische Abkommen

 

Die Abkommen, die zwischen Israel und den Palästinensern erzielt wurden, beinhalten kein Verbot für den Bau oder die Erweiterung der Siedlungen. Im Gegensatz dazu ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Frage der Siedlungen den Verhandlungen über den permanenten Status vorbehalten bleibt, die in der Endphase der Friedensgespräche stattfinden sollen. In der Tat haben die Parteien ausdrücklich vereinbart, dass die palästinensische Autonomiebehörde keine Gerichtsbarkeit oder Kontrolle über Siedlungen oder israelische Bürger hat, solange der Abschluß eines Abkommens über den permanenten Status noch aussteht. Man hat behauptet, dass das Verbot einseitiger Maßnahmen, den „Status“ des Westjordanlandes und des Gazastreifens zu ändern, das im Interimsabkommen und in späteren Abkommen zwischen den Parteien enthalten ist, ein Siedlungsverbot impliziere. Diese Haltung ist unaufrichtig. Der Bau von Häusern hat keinerlei Auswirkungen auf den Status des Gebiets. Das Verbot einseitiger Maßnahmen wurde vereinbart, um sicherzustellen, dass keine Seite Maßnahmen ergreift, um den rechtlichen Status dieses Gebiets zu verändern (wie z.B. durch Annexion oder einseitige Ausrufung eines Staates), solange das Ergebnis der Verhandlungen über ein permanentes Statusabkommen noch nicht feststeht. Sollte dieses Verbot für Gebäude gelten, so würde dies zu der lächerlichen Interpretation führen, dass keine der beiden Seiten Häuser bauen dürfte, um den Bedarf ihrer jeweiligen Ortschaften zu decken. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass mehrere israelische Regierungen ausdrücklich die Notwendigkeit eines territorialen Kompromisses für das Westjordanland und den Gazastreifen anerkannt und freiwillig den Bau neuer Siedlungen gestoppt haben.

 

Gruß, Uwe

 

 

 

Veröffentlicht von Heplev


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Dienstag, 06 Dezember 2016