Dialog mit den Geimpften: Die akademische Zusammenarbeit mit einer islamistischen Kaderschule

Dialog mit den Geimpften:

Die akademische Zusammenarbeit mit einer islamistischen Kaderschule


Die akademische Zusammenarbeit mit einer islamistischen Kaderschule

Dr. Wahied Wahdat-Hagh

Zwischen dem Institut für Religionswissenschaft der Universität Potsdam und einer islamischen Hochschule in Qom findet ein reger Austausch statt. Ab September dieses Jahres sollen etwa sechs Doktoranden aus dem Iran in Potsdam mit ihrer Promotion beginnen.

Wie die Zeitung Potsdamer Neueste Nachrichten berichtet, haben der Dekan des religionswissenschaftlichen Instituts der Universität Potsdam, Prof. Dr. Johann Evangelist Hafner und Seyyed Abdulhassan Navab, Dekan der "University of Religions and Denomiations" in Qom ein Memorandum unterzeichnet. Sie streben eine kontinuierliche Zusammenarbeit der wissenschaftlichen Institute an. Hafner erklärte in einer Pressemitteilung, die Universität in Qom sei "die einzige im Iran, die sich der Erforschung und der Lehre der lebenden Religionen, ihrer inneren Vielfalt und ihren Spannungen widmet". Es wird davon ausgegangen, dass die "University of Religions and Denomiations" (URD) ein "liberales" Institut sei.

Seyyed Abdulhasan Navab, der Dekan dieses "liberalen" Instituts, ist nach eigenen Angaben ein Absolvent der Haghani-Schule, die alles andere als liberal ist. Die Haghani-Schule wurde von Ayatollah Mesbah Yazdi, Ayatollah Jannati, Ayatollah Beheshti, Ayatollah Sadoughu und Ayatollah Taleghani gegründet. Die Haghani Schule lehrt eine extremistisch-schiitische Ideologie und vertritt einen militanten Messianismus, dem zufolge das Erscheinen des Mahdi, des Erlösers, unmittelbar bevorsteht und dem Iran eine besondere Rolle in der Heilsgeschichte zukommt.

Diese Ideologie vertritt auch Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Alle Staatskleriker der Haghani-Schule sind Lehrmeister des Antisemitismus und des Anti-Bahaismus. Kein Wunder, dass in der ersten Regierungsperiode von Präsident Ahmadinejad die islamistische Kaderschule der "University of Religions and Denominations" (URD) in Qom gegründet worden ist. Zunächst wurde mit staatlicher Zustimmung im Jahr 2004 ein theologisches Institut gegründet, dem im Herbst 2008 das iranische Wissenschaftsministerium den Status einer Universität zuerkannte. In der totalitären Diktatur der iranischen Islamisten ist eine unabhängige Forschung unmöglich. Freiheitsräume, wie man sich hierzulande von einer solchen Universität erhofft, sucht man an einer religiösen Kaderschule wie die URD vergeblich.

Die URD verbirgt es nicht, wem sie sich verpflichtet fühlt. Am 1. Januar 2012 veröffentlichte das "wissenschaftliche Büro" der URD-Universität unter der Rubrik "Diskurs der Religionen" einen Text des Revolutionsführers Ayatollah Khamenei, der die Motivation der Auseinandersetzung der URD-Universität mit anderen Religionen verdeutlicht: "Eine der Pflichten des Systems der Islamischen Republik ist die direkte Unterstützung einer gesunden Form der Auseinandersetzung mit anderen Ideen. Eine solche Arbeit benötigt einen Rahmen und einen Handlungsraum. Dieser Handlungsraum muss mit Hilfe von akademischem Personal und der religiösen Institutionen in Qom in verschiedenen Gebieten hergestellt werden.“

Khamenei sprach vom „freien Denken“, das sich entfalten müsse. Was er unter Freiheit versteht, haben die Iraner in den letzten 33 Jahren erfahren: Haft, Folter und Todesstrafe. Die URD-Universität zitiert Khamenei: "Man darf keine Angst vor ´Freiheit´ haben. Man darf nicht vor Diskussionen fliehen. Man darf nicht ´Kritik´ als eine Schmuggelware betrachten."

Khamenei meint, dass das „kritische Klima“ sowie „die Führung der Geistlichen“ nötig seien, um das „kulturelle Niveau der Gesellschaft zu heben.“

Khamenei betont, dass dies zur Grundlage der "allgemeinen Werte" einer Universität gehören muss: "Die Universität der Islamischen Republik muss diejenigen erziehen, die eine Stütze unseres Systems sind. D.h. dieses System muss sich auf sie verlassen können, so dass sie aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht die kleinen und großen Probleme, die das Leben des Volkes erschweren, lösen."

Khamenei fährt fort: "Ein Professor mag ein Christ sein. Er mag vieles nicht akzeptieren. Er kann dennoch hierher eingeladen werden. Es macht nichts, einen Professor, der nicht betet und nicht religiös ist, einzuladen. Aber passt auf, dass dieser Professor seine Anwesenheit nicht nutzt, um Areligiösität zu verbreiten."

Die URD-Universität orientiert sich gänzlich nach den Worten des Revolutionsführers Ali Khamenei. Ferner gehört Großayatollah Makarem Shirazi zu den Leitfiguren der URD-Universität. Ebenfalls unter der Rubrik "Diskurs der Religionen" des wissenschaftlichen Büros wurde eine Rede dieses Ayatollahs veröffentlicht, der eine Fatwa, ein religiöses Gutachten, geschrieben hat, das den Kontakt von Iranern zu ausländischen Medien und Websites verbietet. Was empfiehlt er aber der URD-Universität?

Das zweischneidige Schwert: Auf der Website der vermeintlich liberalen URD-Universität kann man folgende Worte des Großayatollah Makarem Schirazi lesen: "Die Universität der Religionen, wo sie sich auch befindet, ist wie ein zweischneidiges Schwert, das baut und zerstört." Er hebt hervor, dass die Auseinandersetzung mit anderen Religionen ein sehr "sensibles Gebiet" sei. Man müsse "voller Skrupel darauf achten, was dort passiert".

Schirazi spricht die Leitung der URD-Universität an und sagt: "Der nächste wichtige Punkt ist, dass Sie Personen haben, die an dem Unterricht des Herrn Christen und des Herrn Juden teilnehmen, oder auch an dem Unterricht des muslimischen Herren. Sie sollen genau deren Unterricht beobachten. Sie sollen schauen, welchen Einfluss dieser Unterricht hinterlässt. Sie sollen die positiven und negativen Auswirkungen dieses Unterrichts beobachten und sollen Euch dann darüber berichten, was denn in den Unterrichtsstunden passiert ist. Es ist ein sehr sensibles Thema. Es ist wie Seiltanzen, wenn das Gleichgewicht nicht gehalten wird, fällt man.“ Eine liberale Universität? Die Anweisung ist eher eine Aufforderung zur Bespitzelung.

Unter derselben Rubrik "Diskurs der Religionen" ist ebenfalls eine Rede von Großayatollah Sobhani abgedruckt. Er bezieht sich auf eine Rede Navabs, des Dekans der URD-Universität. Großayatollah Sobhani sagt, vielleicht müsse der Name der Universität der "Religionen" verändert werden. Die URD-Universität habe eine wichtige Aufgabe übernommen.

Großayatollah Sobhani beschreibt die Aufgaben der URD-Universität: "Wir können nicht in einem Zimmer sitzen und die Chinesen und Ostasien belehren (tabliq, propagieren), wenn wir die Sichtweisen der Chinesen und der Inder überhaupt nicht kennen. Nehmen wir an, Sie wollen in Tajikistan den Islam propagieren (Tabliq), obwohl wir keine grundlegenden Informationen über das Land haben. Wir müssen erst ganz genau ihre Religion verstehen und dann müssen wir diese mit unseren Beweisführungen analysieren und gewissenhaft das, was richtig ist, mit Logik erklären."

Großayatollah Sobhani führt dann aus, dass diese Methode in bester Tradition der islamischen Lehre stünde und betont die Notwendigkeit der Existenz einer solchen Universität. Dann führt er aus: "Die Gefahr, die einer Wissenschaft droht, hängt immer von dem Professor und dem Studenten ab." Es sei wichtig, dass der "Student in seinem Glauben gefestigt ist, so dass er im stürmischen Meer der Debatte seine Gedanken nicht verliert".

Großayatollah Sobhani betont daher, dass der Student eine gute religiöse Ausbildung mitbringen müsse. Man müsse die "Gedanken der anderen kennenlernen, sie verstehen und dann diese zugunsten des Islam nutzen". Die Studenten der URD-Universität müssten also "in ihrem Glauben gefestigt sein, damit sie mit Verantwortung sich mit Christus oder mit ostasiatischen Religionen beschäftigen“.

Auch die Professoren der URD-Universität müssen Großayatollah Sobhani zufolge "fromm" sein. Wenn all dies befolgt werde, dann könne eine solche Universität "im Dienste des Islam und der Schia" stehen und als ein "Leuchtturm in der Welt" wirken. Sobhani meint, dass die Professoren und die Studenten der URD-Universität "geimpft" sein müssen. "Wenn Sie in eine Apotheke gehen, sehen Sie überall in den dortigen Schränken Medikamente. Manche der Medikamente sind giftig, und niemand darf diese Medikamente antasten, außer bestimmten Personen. Besonders die nicht-islamischen Glaubensvorstellungen, die als Religionen auftauchen, haben den Charakter dieses Giftes. Diese Religionen können auch giftig sein. Man muss sie so einsetzen, dass man davon profitiert.“ Abschließend betet der Großayatollah Sobhani für den Erfolg des Dekans der URD-Universität. Betet auch jemand für den Dekan der Potsdamer Universität?

Ende 2006 hatte die Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Potsdam mit dem Argument, die Regierung Ahmadinejad im Iran betreibe eine antiisraelische Politik, die im Jahr 2000 geschlossene Hochschulpartnerschaft aufgekündigt. Damals hatte Prof. E. Stölting die Freiheit von Forschung und Lehre verteidigt. Nun sind alle Türen für die Anhänger des Revolutionsführers Ali Khamenei in Potsdam offen. Sechs Absolventen der URD-Universität, die vor allem den Maßstäben des Revolutionsführers Ayatollah Khamenei gerecht werden müssen, werden aufgenommen.

Prof. Dr. Johann Hafner von der Potsdamer Universität erklärte: "In Qom wurden zur Förderung des religionswissenschaftlichen Austauschs im Laufe der letzten Jahre 150 Bücher von zumeist christlichen Theologen und Religionswissenschaftlern ins Persische übersetzt." Eine frohe Botschaft ist das nicht. Das Selbstverständnis der URD-Universität ist es, Kenntnisse über andere Religionen zu erwerben, um „den Islam“, d.h. die islamistische Doktrin des Regimes, zu propagieren und zu lehren. Dies steht in bester Tradition der Politik der totalitären Diktatur der „Islamischen Republik Iran.“

Die Ansicht, dass die URD-Universität "liberal" sei, wird von deren eigenen Aussagen widerlegt. Prof. E. Stölting hatte Recht, dass die Freiheit der Forschung und Lehre an der Potsdamer Universität verteidigt werden muss.

Fortsetzung folgt.

 

Wahied Wahdat-Hagh, Fellow bei der European Foundation for Democracy (EFD).

Erstveröffentlichung Jungle World - Übernommen von Honestly Concerned

 

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Autor: haolam.de
Bild Quelle:


Sonntag, 05 August 2012

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