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Europa entscheidet sich – und spaltet sich: Israel bleibt beim ESC, während alte Ressentiments aufbrechen

Europa entscheidet sich – und spaltet sich: Israel bleibt beim ESC, während alte Ressentiments aufbrechen


Trotz heftiger Angriffe mehrerer Länder bleibt Israel beim Eurovision Song Contest 2026 zugelassen. Doch der Preis dafür ist eine Spaltung Europas, die mehr über Europas Verhältnis zu Israel aussagt als über eine Musikshow.

Europa entscheidet sich – und spaltet sich: Israel bleibt beim ESC, während alte Ressentiments aufbrechen

Europa hat abgestimmt. Israel bleibt im Eurovision 2026. Doch es ist ein Sieg, der den Preis einer inneren Zerreißprobe trägt. In Genf fiel die Entscheidung, nachdem 738 Delegierte für die neuen Wettbewerbsregeln stimmten und 256 dagegen. Wäre der Reformvorschlag gescheitert, hätte es eine direkte Abstimmung über den Ausschluss Israels gegeben. So aber geht der Sicherheitsmechanismus der EBU durch – und Israel steht auf der Teilnehmerliste für Wien.

Doch kaum war der Satz gesprochen, meldeten sich die lautesten Gegner Israels zu Wort. Spanien, Irland, Holland und Slowenien erklärten ihren Boykott. Staaten, die sich seit Jahren als moralische Instanzen inszenieren, aber selbst nicht davor zurückschrecken, antisemitische Narrative politisch und kulturell zu normalisieren. Gerade Spanien und Irland haben in den letzten Jahren gezeigt, wie tief institutionalisierter Antisemitismus in Teilen Europas verwurzelt ist – sichtbar in diplomatischen Entscheidungen, in Medienkampagnen, in einem öffentlichen Klima, das Israel systematisch delegitimiert.

Die Debatte in Genf war der Offenbarungseid. Delegierte aus Spanien, der Türkei, Slowenien und Belgien griffen Israel vehement an und forderten offen den Ausschluss. Die Atmosphäre war vergiftet, geprägt von Drohungen, Ultimaten und einer Sprache, die mit Kunst und Kultur nichts mehr zu tun hat. Selbst langjährige Partner Israels kamen unter Druck und wankten. Die EBU musste die Abstimmung schließlich mit einer Grundsatzfrage verknüpfen: Wenn die Regeln nicht durchgehen, wird über Israels Ausschluss abgestimmt. Das Ergebnis sicherte Israels Teilnahme, aber es hinterließ einen Eurovision, der von politischen Frontlinien zerschnitten ist.

Deutschland, Gastgeber eines der größten öffentlich-rechtlichen Systeme Europas, hatte im Vorfeld ungewöhnlich klar signalisiert, dass ein Ausschluss Israels nicht akzeptabel wäre. Ein seltener Moment, in dem Berlin verstand, welche Linie nicht überschritten werden darf. Großbritannien und Schweden versuchten Neutralität zu wahren, während Österreich als Gastgeber 2026 ausdrücklich an Israels Seite stand. Roland Weissmann vom ORF hatte bei einem Besuch in Jerusalem bereits betont: Israel gehört zur europäischen Musikwelt, und das seit fast 70 Jahren.

Doch die eigentliche Wahrheit ist bitterer: Europa hat in dieser Debatte nicht über Musik gesprochen, sondern über sein Verhältnis zu Israel. Über die Frage, ob der jüdische Staat in den kulturellen Räumen dieses Kontinents noch willkommen ist. Über die Art, wie Antisemitismus heute auftritt – nicht mehr frontal, sondern hinter dem Schleier von „Kritik“, „Menschenrechtsrhetorik“ und „politischen Erwägungen“. Der Boykott von vier Staaten ist kein Nebengeräusch. Er ist ein politisches Programm.

Der israelische Standpunkt wurde in Genf klar vertreten: Ein Ausschluss wäre ein Kultur-BDS gewesen. Ein Präzedenzfall, der jede israelische Präsenz in Europa infrage gestellt hätte. „Heute die EBU, morgen Universitäten, Medien, Festivals – und übermorgen Staaten“, warnte Golan Yochpaz, der Leiter des israelischen Rundfunks. Dass diese Worte im Saal nicht übertrieben wirkten, zeigt, wie brennend real diese Gefahr geworden ist.

Mit dem Votum der EBU endet der Streit nicht. Im Gegenteil: Er zeigt, wie brüchig die europäische Selbsttäuschung geworden ist, man könne Antisemitismus eindämmen, ohne seine eigenen politischen Reflexe zu hinterfragen. Der Eurovision 2026 in Wien wird stattfinden, Israel wird auftreten, die Musik wird gespielt werden. Aber der Preis dafür ist sichtbar: Europa hat nicht nur eine Entscheidung getroffen, sondern sein eigenes moralisches Spiegelbild ausgestellt.

Die Frage für die kommenden Monate lautet nun nicht, ob Israel beim Eurovision singt. Sondern ob Europa bereit ist, seine kulturellen Arenen vor jenen zu schützen, die sie als Bühne zur Delegitimierung eines einzigen Landes missbrauchen. Das Ergebnis von Genf zeigt: Der Kampf um Israel in Europa ist längst kein politischer Konflikt mehr – er ist ein moralischer.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Quejaytee - Own work, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=165751728


Donnerstag, 04 Dezember 2025

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