Sloweniens politischer Abstieg: Wie ein EU-Staat sich freiwillig zum Speerspitzenland gegen Israel machtSloweniens politischer Abstieg: Wie ein EU-Staat sich freiwillig zum Speerspitzenland gegen Israel macht
Slowenien präsentiert sich heute als moralische Instanz Europas – und richtet seine gesamte Außenpolitik darauf aus, Israel öffentlich zu rügen. Doch hinter dieser Fassade steckt weniger Prinzipientreue als ein innenpolitisches Kalkül, das ein kleines Land tief in ideologische Lager driften lässt.
Slowenien gehörte über viele Jahre zu jenen europäischen Staaten, die Konflikte im Nahen Osten mit Bedacht betrachteten und sich um ausgewogene Positionen bemühten. Doch seit dem Regierungswechsel im Jahr 2022 ist von dieser Haltung nichts mehr übrig. Die neue Führung hat sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit vom pragmatischen Partner zum eifrigen Kritiker entwickelt – und zu einem Land, das jede Gelegenheit nutzt, um Israel öffentlich zu delegitimieren.
Der politische Wandel wirkt dabei weniger wie das Ergebnis einer langfristigen Strategie als wie ein Wettlauf um innenpolitische Profilierung. Die aktuelle Koalition nutzt Israel geradezu als Projektionsfläche, um sich als moralische Avantgarde zu inszenieren. Jede Maßnahme wird mit großen Worten begründet, doch ihr Effekt ist fast immer derselbe: ein weiterer Schlag gegen die bilateralen Beziehungen.
Slowenien erkannte im Eilverfahren einen palästinensischen Staat an, noch während israelische Familien ihre Toten begruben. Es verhängte als erstes EU-Mitglied ein Waffenembargo gegen Israel, blockierte Transitwege für Rüstungsgüter, sanktionierte Mitglieder der israelischen Regierung, verbot Produkte aus Judäa und Samaria und schloss sich internationalen Klagen gegen Israel an – ungeachtet der Tatsache, dass diese Initiativen den Konflikt nicht entschärfen, sondern politisch aufladen.
Der jüngste Schritt, den Eurovision Song Contest 2026 zu boykottieren, ist da nur folgerichtig. Was als kulturelle Geste verkauft wird, ist in Wahrheit ein kalkulierter politischer Akt, der im Land selbst kaum Widerspruch findet. In Ljubljana existiert heute kein nennenswerter Entscheidungsträger mehr, der bereit wäre, öffentlich eine alternative Sichtweise einzubringen. Regierung, Präsidentin, Parlamentsspitze – alle sprechen dieselbe Sprache: Israel gilt als Aggressor, die Palästinenser als alleinige Opfer. Dass die eigene Regierung damit die Komplexität des Konflikts ignoriert, stört kaum jemanden.
Diese Einseitigkeit wäre weniger bedenklich, würde sie nicht mit bemerkenswerter Blindheit gegenüber den Akteuren vor Ort einhergehen. Hunderte Raketen aus dem Gazastreifen, die Terrorattacken des 7. Oktober, die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung durch die Hamas – all das spielt in der öffentlichen Debatte Sloweniens kaum eine Rolle. Stattdessen präsentiert sich Ljubljana geradezu als Hüter der „richtigen Haltung“, während es regionale Realitäten ausblendet, die das eigene Narrativ stören könnten.
Es ist kein Zufall, dass dieser Kurs kurz vor den Wahlen Fahrt aufnimmt. Der antiisraelische Ton verschafft der Regierung Rückhalt in Teilen einer politischen Landschaft, die sich zunehmend selbst bestätigt. Medien im Land verstärken diese Position häufig, indem sie die Sicht der Koalition übernehmen, ohne sie ernsthaft zu hinterfragen. Eine unbequeme Wahrheit wird dabei sichtbar: Für viele Politiker in Ljubljana ist Israel nicht Thema, sondern Werkzeug.
Dabei existieren im Land durchaus andere Stimmen. Die konservative Opposition erinnert an die einstigen Partnerschaften, an die historische Nähe und an die Bedeutung strategischer Beziehungen. Ihr Vorsitzender Janez Janša hat klargemacht, dass eine künftige Regierung den Kurs revidieren würde. Doch bislang gelingt es ihr nicht, gegen den moralisch aufgeladenen Zeitgeist anzukommen.
Für Israel ist Slowenien inzwischen ein Beispiel dafür, wie schnell politische Loyalitäten in Europa erodieren, wenn Emotionen über Analyse gestellt werden. Ein kleines Land mit begrenzter geopolitischer Bedeutung mag das Kräfteverhältnis nicht entscheidend verändern – doch sein Verhalten zeigt, wie brüchig politische Vernunft werden kann, wenn sie von innenpolitischen Bedürfnissen überdeckt wird.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Balkans Photos - Slovenia Flag, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=66391302
Freitag, 12 Dezember 2025