Antisemitische Projektion bei Primal-Scream-Konzert in London löst Ermittlungen ausAntisemitische Projektion bei Primal-Scream-Konzert in London löst Ermittlungen aus
Ein Konzert in London entwickelt sich zum politischen Eklat. Was als provokante Bühnenästhetik verkauft wird, trifft einen wunden Punkt und hinterlässt bei jüdischen Zuschauerinnen und Zuschauern Angst, Wut und das Gefühl, nicht geschützt zu sein.
Bei einem Auftritt der britischen Band Primal Scream in London ist eine Grenze überschritten worden, die mit Kunstfreiheit nichts mehr zu tun hat. Während der Show im traditionsreichen Roundhouse in Camden projizierte die Band eine Grafik, die einen Davidstern mit einem Hakenkreuz verband. Flankiert wurde dieses Bild von Fotografien internationaler Politiker, darunter der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der amerikanische Präsident Donald Trump. Was auf der Bühne als visuelle Provokation inszeniert wurde, wurde außerhalb des Saals als das wahrgenommen, was es ist: eine offene antisemitische Bildsprache.
Die Szene ereignete sich während des Songs Swastika Eyes, eines Stücks aus dem Jahr 1999, das ursprünglich als Kritik an amerikanischer Außenpolitik gedacht war. Doch der historische Kontext des Liedes kann nicht erklären, warum im Jahr 2025 ein jüdisches Symbol mit dem Zeichen einer Ideologie verschmolzen wird, die für die systematische Ermordung von sechs Millionen Juden steht. Diese Bildkombination ist nicht mehrdeutig. Sie ist eindeutig und sie trifft gezielt.
Jüdische Organisationen in Großbritannien reagierten umgehend. Der Community Security Trust, der für die Sicherheit jüdischer Einrichtungen zuständig ist, reichte Beschwerde bei der Polizei ein. In der Erklärung hieß es, die Darstellung suggeriere, Juden oder der jüdische Staat seien mit dem Nationalsozialismus gleichzusetzen. Eine solche Botschaft schüre Hass und gefährde jüdisches Leben in Großbritannien ganz konkret. Auch der Campaign Against Antisemitism sprach von einem widerwärtigen Vorgang und forderte eine Untersuchung nicht nur der Band, sondern auch des Veranstaltungsorts.
Besonders schwer wiegt, dass die Projektion nicht isoliert stattfand. Die Einbindung von Netanjahu und Trump in diese visuelle Collage verknüpft politische Ablehnung mit einer jahrhundertealten antisemitischen Erzählung. Die Gleichsetzung jüdischer Identität oder israelischer Politik mit dem Nationalsozialismus ist kein Zufall, sondern ein bekanntes Muster moderner Judenfeindschaft. Sie dient dazu, Schuld umzudeuten und Täter und Opfer zu vertauschen.
Dass Primal Scream diesen Weg bewusst geht, überrascht Kenner der Band kaum. Frontmann Bobby Gillespie hat sich in der Vergangenheit wiederholt aggressiv gegen Israel positioniert. Zuletzt beteiligte sich die Band an der Produktion und dem Verkauf von T Shirts mit der Aufschrift, die britische Regierung sei an einem Völkermord beteiligt. Auch hier wurde politische Kritik mit maximaler moralischer Anklage vermischt, ohne Differenzierung, ohne Verantwortung für die Wirkung solcher Botschaften.
Der Vorfall wirft grundsätzliche Fragen auf. Wo endet künstlerische Freiheit und wo beginnt Verantwortung. Wer Symbole des Holocaust benutzt, kann sich nicht hinter Ironie oder Provokation verstecken. Gerade in einer Zeit, in der antisemitische Übergriffe in Europa zunehmen, wirken solche Darstellungen nicht abstrakt, sondern konkret bedrohlich. Jüdische Besucherinnen und Besucher berichten seit Jahren, dass sie sich bei kulturellen Veranstaltungen zunehmend unwohl fühlen. Der Abend in Camden bestätigt diese Angst.
Auffällig ist auch das Schweigen vieler Stimmen aus dem Kulturbetrieb. Was bei anderen Formen von Diskriminierung sofort Empörung auslöst, wird hier oft relativiert oder als missverstandene Kunst abgetan. Diese Doppelmoral trägt dazu bei, dass antisemitische Bilder im Namen politischer Kritik salonfähig werden. Der Davidstern wird zur Projektionsfläche, das Hakenkreuz zum Provokationsmittel. Beides ist nicht neu, aber deshalb nicht weniger gefährlich.
Der Fall Primal Scream ist kein Randereignis. Er steht exemplarisch für eine Entwicklung, in der Israelhass und Antisemitismus ineinander übergehen und sich gegenseitig verstärken. Wenn Popkultur beginnt, NS Symbole mit jüdischen Zeichen zu vermischen, dann ist das kein Tabubruch aus Versehen, sondern ein bewusst gesetztes Signal. Eines, das gehört werden soll und dem widersprochen werden muss.
Großbritannien versteht sich als offenes, pluralistisches Land. Dazu gehört auch der Schutz von Minderheiten und die klare Benennung von Hass, wenn er auftritt. Ob die Behörden entsprechend handeln, wird zeigen, wie ernst es diesem Anspruch ist. Für viele jüdische Menschen bleibt nach diesem Abend vor allem ein bitterer Eindruck: dass ihre Geschichte erneut instrumentalisiert wurde, diesmal unter grellem Bühnenlicht und tosendem Applaus.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X
Freitag, 12 Dezember 2025