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Generalstabschef Zamir fordert externe Untersuchung des 7.-Oktober-Versagens

Generalstabschef Zamir fordert externe Untersuchung des 7.-Oktober-Versagens


Im offiziellen Abschlussdokument zu den Untersuchungen des 7. Oktober zieht Generalstabschef Ejal Zamir eine schonungslose Bilanz und legt die Verantwortung nicht nur beim Militär, sondern im gesamten sicherheits- und staatspolitischen System. Seine Forderung nach einer externen Untersuchung erinnert bewusst an die historische Agranat-Kommission.

Generalstabschef Zamir fordert externe Untersuchung des 7.-Oktober-Versagens

Das Dokument, das der Generalstabschef an die Kommandeursebene der Armee übermittelte, ist einer der deutlichsten Texte, die ein amtierender militärischer Oberbefehlshaber in Israel seit Jahren formuliert hat. Zamir macht darin klar, dass die Armee ihre Verantwortung anerkennt und sich selbst untersucht hat, doch dass diese Selbstprüfung niemals ausreicht, um die Wahrheit hinter der Katastrophe des 7. Oktober vollständig aufzudecken. Seine Aussage, der Vorfall sei „nicht ausschließlich Eigentum der Armee“, ist eine bewusste Einladung, den Blick zu weiten. Zwischen politischer Führung, Sicherheitsapparat, Geheimdienststrukturen und jahrelangen strategischen Grundannahmen entstehe erst das Gesamtbild, das erklärt, wie es zu dem schwersten Angriff seit der Staatsgründung kommen konnte.

Zamir warnt ausdrücklich davor, die Untersuchung auf die militärische Ebene zu beschränken. Er fordert eine unabhängige Kommission, die die grundlegenden sicherheitspolitischen und politischen Annahmen überprüft, die Israel in die Jahre vor der Katastrophe führten. Dabei nennt er insbesondere die Schnittstelle zwischen Regierung und Armee – ein Bereich, in dem Informationsströme, strategische Prioritäten und politische Dynamiken zusammentreffen und im Ernstfall über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Seine Botschaft ist klar. Israel kann sich nur dann erneuern, wenn Verantwortlichkeiten offen geprüft und nicht auf eine einzelne Institution abgewälzt werden.

Eine der schärfsten Passagen des Dokuments betrifft das Jahr 2023 – ein Jahr innerer Spannungen, das Israel politisch und gesellschaftlich tief erschütterte. Zamir schreibt, dass es damals mehrere Warnungen gab, die sowohl dem Generalstab als auch der Regierung die wachsende Bereitschaft des Feindes signalisierten. Die Gegner hätten die innere Spaltung als Schwäche interpretiert. Die Frage, die er stellt, ist doppelt gerichtet. Warum reagierte die politische Führung nicht entschlossen genug. Und warum entwickelte das Militär trotz seiner eigenen Warnungen keine operative Antwort, die den Ernst der Lage widerspiegelte.

Besonders bemerkenswert ist Zami­rs Rückblick auf die vergangenen anderthalb Jahrzehnte. Er erklärt, dass die großen Operationen im Gazastreifen zwischen 2008 und 2021, besonders jene seit 2014, zur sogenannten „Konzeption“ beitrugen – also zu einem strategischen Denkrahmen, der das Risiko eines Großangriffs unterschätzte. Diese Aussage rückt nicht nur die aktuelle Führung, sondern eine ganze Generation früherer Entscheidungsträger in den Fokus. Der Hinweis ist brisant, weil Zamir selbst zwischen 2015 und 2018 als Kommandeur des Südkommandos diente und damit mitten in den Strukturen arbeitete, die er nun kritisiert. Seine Kritik richtet sich zudem klar an seine Vorgänger im Amt des Generalstabschefs, inklusive der jüngsten Amtsinhaber.

Am Ende des Dokuments steht die deutlichste Forderung. Zamir will eine externe Kommission nach dem Vorbild der Agranat-Untersuchung nach dem Jom-Kippur-Krieg. Er fordert, sämtliche Ebenen offenzulegen: die politischen und sicherheitspolitischen Grundannahmen, die Geheimdienstbewertung, die Warnmechanismen, die Entscheidungsprozesse und die gegenseitigen Verantwortlichkeiten zwischen Regierung, Armee und Sicherheitsapparat. Nur eine solche umfassende, unabhängige Untersuchung könne – so sein Appell – das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherstellen und Israel auf einen Kurs bringen, der den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: IDF


Freitag, 05 Dezember 2025

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