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Risse im Machtapparat der Hamas: Der neue Kommandeur in Rafah wirkt entschlossen, doch die Realität spricht gegen ihn

Risse im Machtapparat der Hamas: Der neue Kommandeur in Rafah wirkt entschlossen, doch die Realität spricht gegen ihn


Nur einen Tag nach dem Tod von Abu Schabab übernimmt sein Stellvertreter Rasaan ad Dehini die Führung der israelgestützten Miliz in Rafah. Er verkündet Stärke, doch seine Worte legen vor allem das fragile Fundament der Anti Hamas Gruppierungen offen.

Risse im Machtapparat der Hamas: Der neue Kommandeur in Rafah wirkt entschlossen, doch die Realität spricht gegen ihn

Rafah erlebt erneut einen Führungswechsel. Der Tod von Abu Schabab, dem berüchtigten Widersacher der Hamas, hat ein Machtvakuum hinterlassen, das schneller gefüllt wurde als viele erwartet hatten. Sein Stellvertreter Rasaan ad Dehini trat keine vierundzwanzig Stunden später vor die Kameras, um einen unerschütterlichen Kurs anzukündigen. Für einen Moment wirkte es, als läge der Schlüssel zu einem neuen Machtgefüge in Gaza direkt vor ihm. Doch bei genauerer Betrachtung offenbart sein Auftritt nicht Stärke, sondern die zunehmend sichtbaren Risse innerhalb jener lokalen Milizen, die Israel als mögliche Alternative zur Terrorherrschaft der Hamas betrachtet hatte.

Ad Dehini präsentierte seine Kämpfer in einem kurzen Video, ging durch die Reihen und versuchte ein Bild geschlossener Entschlossenheit zu zeichnen. Sein Ton war scharf, seine Botschaft klar. Er fürchte die Hamas nicht, er jage ihre Leute, konfiskiere Waffen und halte die Straßen von Rafah frei von deren Einfluss. Doch die Wirklichkeit vor Ort ist widersprüchlicher. Selbst wenn die Miliz weiter existiert, steht sie einer Organisation gegenüber, deren Machtstrukturen und Verwurzelung in der Bevölkerung über Jahre gefestigt wurden.

Der neue Kommandeur spricht davon, die Region zu sichern, den zivilen Raum zu entwaffnen und einen Bereich zu schaffen, in dem die Menschen in Frieden leben könnten. Es ist ein Idealbild, das mit dem realen Gaza kaum kompatibel ist. Vieles an seiner Rhetorik erinnert an die Versuche der vergangenen Monate, ein lokales Gegengewicht zur Hamas aufzubauen. Israel versuchte genau diesen Weg, in der Hoffnung, dass sich Stammesführer und Milizen gegen die Terrororganisation stellen würden. Doch trotz punktueller Erfolge zeigt sich, dass einzelne Kommandeure ohne tiefe gesellschaftliche Verankerung kaum als glaubwürdige Alternative wahrgenommen werden.

Die Biografie ad Dehinis macht dies deutlich. Er ist erst neununddreißig Jahre alt, stammt wie sein Vorgänger aus dem großen Beduinenstamm der Trawabin und trug früher eine Uniform der palästinensischen Sicherheitskräfte. Später schloss er sich dem sogenannten Islamischen Heer an, einer salafistischen Splittergruppe, die vom Terrornetzwerk Al Kaida inspiriert war. Er wurde von der Hamas festgenommen, galt lange als einer der meistgesuchten Männer der Organisation und fand erst durch Abu Schabab seinen Platz in der neuen, israelgestützten Struktur in Rafah. Ein Leben zwischen wechselnden Loyalitäten.

Sein Vorgänger Abu Schabab starb nach bisherigem Kenntnisstand bei einem internen Konflikt zwischen Familienclans. Für die Hamas war es ein Anlass zum Jubel. Ihre Anhänger verteilten Süßigkeiten auf den Straßen und feierten den Tod eines Mannes, der öffentlich versprochen hatte, die Organisation zu bekämpfen, selbst wenn Israel sich aus Rafah zurückziehen sollte. Dieser Jubel zeigt, wie brüchig die Position solcher Milizen bleibt. Sie operieren im Schatten der israelischen Streitkräfte, sind aber weit davon entfernt, ein tragfähiges politisches oder gesellschaftliches Gegenmodell zu bieten.

Dass ad Dehini nun Stärke demonstriert, ist verständlich. Doch es ändert nichts daran, dass die Anti Hamas Milizen allein keine Erneuerung der Sicherheitsordnung in Gaza herbeiführen können. Die Legitimität, die die Terrororganisation bislang auf perfide Weise zu konservieren wusste, reicht tief in das soziale Gefüge hinein. Ohne einen umfassenden politischen Rahmen und eine regionale Struktur, die Sicherheit garantiert und Perspektiven eröffnet, bleiben solche Milizen isoliert.

Für Israel bedeutet das eine ernüchternde Erkenntnis. Jede Lücke, die durch interne Konflikte der Hamas entsteht, ist ein taktischer Vorteil. Doch sie ersetzt nicht die Frage, wer nach einem möglichen Machtverlust der Hamas tatsächlich Verantwortung übernehmen kann. Die Bilder aus Rafah mögen kurzfristig Mut machen, doch sie erinnern zugleich daran, dass die eigentliche Herausforderung noch bevorsteht.


Autor: Redaktion
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Sonntag, 07 Dezember 2025

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