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Iranische Proteste radikalisieren sich: Rufe nach Sturz des Regimes und Rückkehr der Pahlavi Dynastie

Iranische Proteste radikalisieren sich: Rufe nach Sturz des Regimes und Rückkehr der Pahlavi Dynastie


Was als Protest gegen steigende Preise begann, entwickelt sich zu einer offenen Systemfrage. In Teheran und anderen Städten rufen Menschen erstmals wieder laut nach dem Sturz des Regimes. Die wirtschaftliche Krise ist nur noch der Auslöser. Im Zentrum steht die Legitimität der Macht.

Iranische Proteste radikalisieren sich: Rufe nach Sturz des Regimes und Rückkehr der Pahlavi Dynastie

Die Proteste in Iran haben eine neue Schwelle überschritten. In mehreren Städten, darunter auch in der Hauptstadt Teheran, skandieren Demonstrierende offen Parolen wie Tod dem Diktator und rufen zur Rückkehr der Pahlavi Dynastie auf. Solche Rufe galten lange als unvorstellbar im öffentlichen Raum. Nun sind sie wieder zu hören, gefilmt, geteilt und nicht mehr zu leugnen.

Ausgangspunkt der Proteste war der massive wirtschaftliche Druck. Die anhaltende Inflation, der Verfall der Landeswährung und steigende Lebenshaltungskosten treiben breite Bevölkerungsschichten auf die Straße. Doch in den vergangenen Tagen hat sich der Charakter der Demonstrationen verändert. Aus sozialem Protest ist politische Anklage geworden.

In sozialen Netzwerken kursieren zahlreiche Videos, die Demonstrierende in Metrostationen, auf Hauptstraßen und in Einkaufsvierteln zeigen. Dort rufen sie Slogans, die einen zentralen Pfeiler der Islamischen Republik angreifen. Nicht Gaza, nicht Libanon, mein Leben für Iran lautet eine der Parolen. Damit distanzieren sich die Menschen ausdrücklich von der regionalen Politik des Regimes und stellen nationale Interessen über ideologische Stellvertreterkriege.

Besonders brisant sind Rufe wie Das ist der letzte Kampf, Pahlavi kehrt zurück. Diese Parole war seit der brutalen Niederschlagung früherer Protestwellen kaum noch öffentlich zu hören. Ihr Wiederauftauchen zeigt, wie tief die Frustration sitzt und wie sehr sich Teile der Bevölkerung vom System abgewandt haben.

Der Zorn richtet sich nicht nur gegen einzelne Politiker, sondern gegen die Grundfesten der Herrschaft. In Online Kommentaren ist von der Diktatur des Klerus die Rede, von einem System der Hinrichtungen, von Korruption und Ausplünderung. Immer wieder fällt der Name des obersten Führers Ali Khamenei. Parolen wie Tod Khamenei markieren eine Eskalation, die das Regime als existentielle Bedrohung betrachtet.

Parallel zur wachsenden Protestbewegung versucht Präsident Masoud Pezeshkian zwei widersprüchliche Botschaften zu senden. Einerseits wies er das Innenministerium an, mit Vertretern der Protestierenden in Dialog zu treten und ihre legitimen Forderungen anzuhören. Andererseits veröffentlichte er eine Warnung. Jede Aggression gegen die Islamische Republik werde hart und schmerzhaft beantwortet. Diese Doppelstrategie aus Beschwichtigung und Drohung ist bekannt, wirkt diesmal jedoch zunehmend unglaubwürdig.

Bemerkenswert ist auch die Rolle digitaler Akteure. Der persischsprachige Account des Mossad veröffentlichte einen außergewöhnlichen Aufruf. Darin werden Iraner aufgefordert, gemeinsam auf die Straße zu gehen. Die Botschaft lautet, man stehe nicht nur aus der Ferne an ihrer Seite. Solche direkten Appelle eines ausländischen Geheimdienstes sind höchst ungewöhnlich und verstärken aus Sicht Teherans den Eindruck einer orchestrierten Bedrohung. Gleichzeitig zeigen sie, wie sehr das Regime international unter Beobachtung steht.

In den sozialen Medien innerhalb Irans ist die Sprache ungewöhnlich offen. Nutzer schreiben, es gehe nicht um einen weiteren Protestzyklus, sondern um den Anfang vom Ende. Eine Frau aus Teheran formulierte es so. Der Diktator entschuldigt sich nicht. Er fällt. Andere Kommentare bündeln die Stimmung in klaren Forderungen. Vom ersten bis zum letzten Wort geht es um den Sturz des Regimes. Das System der Hinrichtungen muss enden. Tod der Herrschaft der Geistlichen. Es lebe die Freiheit.

Auch wirtschaftliche Akteure beteiligen sich zunehmend. Händler und Geschäftsleute schließen Läden und unterstützen Streiks. Viele sehen die ökonomische Krise nicht mehr als separates Problem, sondern als Beweis für das Scheitern des gesamten Systems. Die Wut vereint unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen. Junge Menschen, Frauen, Arbeiter und Händler artikulieren erstmals wieder gemeinsam ihren Widerstand.

Für das Regime ist diese Entwicklung gefährlich. Nicht wegen einzelner Proteste, sondern wegen der Klarheit der Botschaft. Die Angst scheint zu schwinden. Die Menschen sprechen aus, was lange nur geflüstert wurde. Iran befindet sich an einem historischen Wendepunkt, sagen viele der Demonstrierenden selbst. Ob daraus ein nachhaltiger Umbruch entsteht, ist offen. Sicher ist jedoch, dass das alte Schweigen gebrochen ist.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X


Dienstag, 30 Dezember 2025

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